Gladiator (Hans Zimmer, Lisa Gerrard, Klaus Badelt) - Filmmusik-Betrachtung


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Trailer zu Gladiator


Hans Zimmer, der vorzugsweise mit anderen Künstlern zusammenarbeitet, hat für den Film Gladiator aus dem Jahre 2000 Lisa Gerrard und Klaus Badelt an Bord geholt.



16.10.2012


Drei Komponisten für den Gladiator-Soundtrack


Der Soundtrack wurde alles in allem sehr zwiespältig aufgenommen. Einige Hörer störten sich zum Beispiel daran, dass Zimmer als Erster der drei Komponisten genannt wurde, obwohl die (nach Meinung der Mehrheit) besten Stücke von Lisa Gerrard stammten. Besondere Beachtung erfuhr in diesem Zusammenhang der Titel "Now we are free", der oftmals als musikalischer Höhepunkt von Gladiator angesehen wurde. Zimmers Beiträge fanden sich eher zur Untermalung der Kampfszenen des Filmes, die bei der breiten Masse eher die Assoziation mit Maschinenlärm als mit Musik hervorriefen.


Hans Zimmers Beitrag zu Gladiator darf trotzdem nicht unterschätzt werden


Nun mag es vielleicht sein, dass die melodischeren und einprägsameren Stücke nicht von Zimmer stammen. Aber man darf nicht vergessen, dass die Musik auch etwas Barbarisches an sich haben sollte. Es gibt in Gladiator eigentlich zwei Stellen, wo die Zimmer'sche Kampfmusik voll zum Tragen kommt. Einmal am Anfang, als die Schlacht gegen die Germanen dargestellt wird und einmal, als die Gladiatoren im Kolosseum zu Rom kämpfen, um eine Schlacht der punischen Kriege nachzuspielen. Die Klänge sind archaisch und zeitweise brutal. So brutal, wie es sie vorher in Filmen noch nicht oft gab. Aber wenn man sich die Zusammenhänge anschaut, ergibt das Ganze einen Sinn. Denn am Anfang wird gegen die barbarischen Germanen gekämpft und in der Kolosseumsschlacht heißt der Titel "Barbarian Horde". Die barbarischen Züge der Musik sind also kein bloßer Zufall, sondern gewollt. Was man hier vielleicht unterscheiden muss, ist, ob man die Musik separat oder im Film hört. Denn was für manche vielleicht nach einem Auslöser für Ohrenkrebs klingt, erfüllt seine Funktion im Film hervorragend.


Das Rätsel der Oscarverleihung in Bezug auf Gladiator


Die Frage, nach welchen Kriterien bei der Oscarverleihung entschieden wird, stellte sich in der Vergangenheit regelmäßig und wird wohl auch in Zukunft immer wieder Gegenstand umfangreicher Debatten sein. Gladiator galt für viele als das filmmusikalische Highlight des Jahres 2000. Der Soundtrack war groß, laut und auf gewisse Weise bahnbrechend. Die Auszeichnung bei Amerikas Filmfest Nummer eins galt für die meisten wohl als logische Konsequenz. Allerdings kam Zimmer und Co. ein Umstand in die Quere. Man kann nicht von einer übergroßen filmmusikalischen Konkurrenz im Jahre 2000 sprechen. Mit Ennio Morricone (Der Zauber von Malena) und John Williams (Der Patriot) waren zwar auch zwei Schwergewichte im Ring, aber sicher nicht mit ihren eindrucksvollsten Werken. Nein, der angesprochene Umstand bezieht sich auf den Fakt, dass Tan Dun seinen ersten, und neben Hero einzigen, großen Film vertonte: Crouching Tiger, Hidden Dragon. Der chinesische Komponist brachte völlig ungewohnte Klänge nach Hollywood. Exotisch und reizvoll muteten sie an. Auch kompositorischen Anspruch konnte man ihnen nicht absprechen, was für einen Künstler aus der eher klassischen Musiksparte, wie Tan eben, sicher eine Selbstverständlichkeit ist. Alle diese und wahrscheinlich noch weitere Punkte führten zu der Entscheidung der Acadamy Crouching Tiger, Hidden Dragon den Filmmusik-Oscar des Jahres 2000 zu verleihen. Als eine Art "Trostpreis" durften sich Zimmer und Co. immerhin den Golden Globe dieses Jahres abholen.


Special: Clips from the movie


Der folgende Clip zeigt das Barbarische in Zimmers musikalischem Beitrag zu Gladiator. Die Klänge muten sehr archaisch an. Schade ist, dass der Clip endet, als die ruhigen Streicher einsetzen. Ein schöner Kontrapunkt der Musik zum Bild.



Eine sehr starke Szene ist sicher die Folgende. Commodus ermordet seinen Vater. Die Musik ist außerordentlich dramatisch und spiegelt sehr treffend die Verzweiflung und Verwirrung des jungen Mannes wider.



Hier noch ein kurzer Beitrag, der Musik enthält, welche am Anfang des Filmes schon vorkommt. Sie spiegelt den mystischen Teil der Geschichte wider. Commodus weiß, dass er betrogen wird. Er erzählt eine Geschichte, die passiert sein soll, aber eigentlich gerade erst vonstatten geht.




26.12.2013


Special: Eine Analyse Zimmer's Kompositionsstils unter anderem anhand von Gladiator


Zimmer sagte einst, angesprochen auf seine Inspiration bezüglich der Filmmusik zu Crimson Tide, dass er sich vorher noch einmal das Mozart Requiem "reingezogen" habe. Wenn man sich nun verschiedene andere Kompositionen von ihm anhört, so ist zu vermuten, dass dies nicht der einzige Fall war, in welchem er auf Mozart'sche Floskeln zurückgriff.
Zuerst einmal ist zu sagen, dass alle folgenden Szenarien von der Tonart a-moll als Grundtonart ausgehen; der Einfachheit halber. Schauen wir uns nun zu Beginn die Inspirationsquelle etwas genauer an; oder besser gesagt: den Beginn von zwei Stücken aus ihr. Nummer 1 ist das Kyrie Eleison, Nummer 2 das Dies Irae. Beide weisen zu Beginn (wenn man sie in a-moll transponiert) die Tonarten a-moll, d-moll und E-Dur auf; im Grunde genommen also die klassische Kadenz mit der Tonica (a-moll) und der Subdominante (d-moll) in moll und der Dominante (E-Dur) in Dur. Diese Anordnung gibt den Stücken einen sehr strengen und ernsten Charakter. Nutzte Mozart ein D-Dur statt des d-moll, ginge der Klang eher ins mystische; bediente er sich eines e-moll statt eines E-Dur, würde die Schärfe und Strenge herausgenommen werden. Es scheint also kein Zufall, dass der Majestro genau diese Kombination genutzt hat.

Sehen wir uns nun 3 Themen von Hans Zimmer aus verschiedenen Filmen an: Gladiator, Das Geisterhaus und Crimson Tide. Beginnen wir mit letztem. Im Track "Roll Tide" auf dem Album ist ab 0:44 das Hauptthema zu hören. Wir gehen wieder von a-moll als Grundtonart aus. Die Harmoniefolge ist grob die Folgende: a-moll, F-Dur, d-moll, e-moll, a-moll, F-Dur, C-Dur, d-moll, E-Dur. Nun zu Das Geisterhaus. Folgende Harmonien sind auf dem ersten Track des Albums ("The house of spirits") ab 0:41 zu hören: a-moll, d-moll, G-Dur, C-Dur, F-Dur, G-Dur, a-moll, e-moll, F-Dur, d-moll, a-moll, E-Dur. Zum Schluss zu Gladiator. Hier findet sich in Track 3 des Hauptalbums ("The battle") ganz zu Beginn diese Harmoniefolge: a-moll, G-Dur, C-Dur, G-Dur, d-moll, a-moll, E-Dur, a-moll, E-Dur.

Soweit zu gut. Nehmen wir das Ganze nun mal auseinander. Welche Tonarten kommen immer vor? Antwort: a-moll, d-moll, E-Dur und C-Dur. Welche Tonarten kamen in den zwei Stücken des Mozart-Requiems vor? Antwort: a-moll, d-moll und E-Dur. Also: Zimmer nutzt die Mozart-Tonarten plus die Paralleltonart zu a-moll (C-Dur).
Schauen wir nun weiter, welche Tonarten zumindest in zwei Zimmer'schen Stücken zu finden sind. Es handelt sich um F-Dur, G-Dur und e-moll. F-Dur und G-Dur sind die Subdominante (F-Dur) und Dominante (G-Dur) von der Paralleltonart der Grundtonart a-moll (C-Dur). Die Kombination aus a-moll, F-Dur und G-Dur ist etwas, was in der klassischen Epoche, zu welcher Mozart ja gehörte, nicht unbedingt typisch war. Das Genre der Filmmusik dagegen strotzt vor dieser Harmoniekombination, da sie sehr starke Emotionen zu erzeugen vermag. Für klassische Verhältnisse dagegen ist sie etwas zu wenig bodenständig. Das e-moll bringt, im Zusammenspiel mit der Grundtonart a-moll einen weichen Charakter in das jeweilige Thema. Allerdings wird es immer nur zwischendrin genutzt. In letzter Instanz steht immer das E-Dur breitbeinig da.

Ich möchte nun also zusammenfassen. Zimmer nutzt in seinen Kompositionen sehr gern die Kombination aus der Grundtonart in moll (hier: a-moll), der Subdominante in moll (hier: d-moll), der Dominante in Dur (hier: E-Dur) und der Paralleltonart der Grundtonart (hier: C-Dur). Dies ist sehr nahe am Mozart-Requiem und zeigt mögliche Inspirationsansätze. Hinzu kommen in jeweils zwei Stücken die Tonarten F-Dur, G-Dur und e-moll, welche sehr typisch für die (heutigen) Filmmusikharmoniefolgen sind.
Diese markanten Kombinationen machen weite Teile des Zimmer-Klanges bis heute aus. Es finden sich ähnliche Muster in der Dark-Knight-Trilogie, in Fluch der Karibik, in Der Prinz von Ägypten oder Der schmale Grat. Und unter Anderem ebendiese Ähnlichkeiten machen es Zimmer-Kritikern manchmal vermutlich schwer, seine Innovationen an neuen Projekten wertschätzen zu können.



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