Der Medicus ("The physician", Ingo Ludwig Frenzel) - Filmmusik-Betrachtung


Höre und kaufe den Soundtrack zu Der Medicus hier


Trailer zu Der Medicus


Der Medicus (engl.: The Physician) ist in den Kinos; "einer der letzten unverfilmten Megaseller unserer Zeit", sagen die Produzenten. Und diese kommen aus Deutschland, einem der unbeliebtesten Ärzte-Arbeitsgebiete in ganz Europa. Die Drehorte waren laut Wikipedia Thüringen, Sachsen-Anhalt, Köln und Marokko. Dass in Marokko gedrehte Filme eine sehr gute Qualität aufweisen können, ist bekannt. Aber Thüringen? Sachsen-Anhalt? Und warum hat man Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg außen vor gelassen?

Spaß beiseite: Der Medicus macht durchaus Spaß. 26 Millionen Euro hat er gekostet und sieht teilweise wirklich nach mehr aus. Schon allein das Schauspieler-Ensemble kann sich sehen lassen: Ben Kingsley, Stellan Skarsgard und Tom Payne übernahmen die Hauptrollen. Hinzu kommen aufwändige Kostüme und eine gute Postproduction - visuell, wie auch akustisch. Für letztere zeichnete sich unter anderem Ingo Ludwig Frenzel verantwortlich.


Der Medicus in kalifornischer Tradition

Entsprechend dem Versuch, einen europäischen Film mit Hollywood-Qualitäten zu drehen, scheint der Komponist Ingo Ludwig Frenzel recht genau bei den Klassikern aus Übersee hingehört zu haben. Möglicherweise haben auch einige Werke als Inspirationsquellen gedient. So erinnert der Bonus-Track "The Psysician Theme" ein wenig an "Now we are free" aus Hans Zimmers und Lisa Gerrards Gladiator, das Thema der Rebecca klingt teilweise nach "Han und Leia" aus Star Wars - Episode V und "Students life" könnte eine Komposition von Danny Elfman sein. Hollywood hat eben einen gewissen Klang - und Frenzel versucht ihn zu ergründen. Man kann schwer beschreiben, was diesen Klang ausmacht, aber es scheint beispielsweise gewisse Harmoniefolgen zu geben, die ein Jerry Goldsmith nie genutzt hätte, ein Niki Reiser dagegen schon. Es soll hier nicht darum gehen, wer von beiden Recht hat. Fest steht nur, dass das heutige Kinopublikum Hollywood-Melodien bevorzugt und sie als hochwertiger ansieht. Und da Der Medicus finanziell ambitioniert gedreht wurde, versuchte man natürlich auch hier, den Ansprüchen der Masse gerecht zu werden.


Zahlreiche Themen erzählen die Handlung

Der Medicus enthält einige Hauptthemen, die auch recht einprägsam daherkommen. Zu hören sind sie komprimiert in "The Physician - Suite." Dieser Track ist gleichzeitig einer der besten auf den Album und kann empfohlen werden, wenn man sich eine musikalische Zusammenfassung des Films wünscht.
Zu Beginn (ab 0:25) hört man das Thema, welches ganz allgemein mit dem Film in Verbindung gebracht werden kann. Es unterstreicht den Heroismus und die Ideale des Hauptprotagonisten. Dazu lässt es klar erkennen, dass die Handlung im Orient spielen wird; nicht aufgrund der Instrumentation, sondern durch seine Harmonik.
Ab 2:00 findet sich ein Thema, welches vor allem mit Trauer und Tod in Assoziation steht (auch in "Karim's Demise" zu finden). Es steht unter Anderem mit der Frage des angehenden Medicus in Verbindung, warum der Herr mehr nähme, als er gäbe, nachdem sein Freund gestorben ist.
Nach zwei Zwischenthemen folgt das der Rebecca ab 6:56. Wie bereits erwähnt ist es nicht zu weit von dem Thema für Han und Leia aus Star Wars entfernt, ohne aber eine dreiste Kopie zu sein. Noch besser und ausführlicher kann man es in dem Track "Rebecca" hören.
Beendet wird die Suite dann wieder mit dem ersten Thema.


Europa nähert sich

Ob man dies nun gut findet oder nicht: Europa schließt immer mehr auf zur Traumfabrik des Westens. Es ist kein Überholen ohne Einzuholen; es geht vielleicht nicht einmal um das Überholen. Aber wenigstens das Nachziehen zum Erfolg Amerikas in der weltweiten Kinolandschaft scheint immer öfter zu gelingen. Hier war vor Allem Tom Tykwer (Lola rennt, Heaven, Der Krieger und die Kaiserin) ein Vorreiter. Während Regisseure wie Roland Emmerich oder Wolfgang Petersen Europa den Rücken kehrten und komplett in Hollywood drehten, sitzt Tykwer bis heute in Berlin und produziert seine Filme über die von ihm mitgegründete Firma X-Filme. Sein Vorstoß in die große weite Welt begann mit Das Parfüm. Kürzlich erschien dann Cloud Atlas, eine Koproduktion mit den Wachowski-Geschwistern, welche stattliche 100 Millionen Euro schwer war. Immer wieder versuchen europäische Produktionsfirmen seitdem ihrem Kontinent etwas Aufmerksamkeit in der Filmwelt zu verschaffen; mit unterschiedlichem Erfolg.


Der Medicus wird vielleicht keine großen Auszeichnungen erhalten...

... aber er zeigt, was auch mit verhältnismäßig geringen finanziellen Mitteln möglich ist. Sicher reicht er nicht an Größen des amerikanischen Kinos, wie beispielsweise Gladiator oder Braveheart, heran. Aber auch in der neuen Welt vergehen ja zumeist Jahre, bis einmal wieder ein solcher Meilenstein das Licht der Welt erblickt. Es handelt sich um einen wirklich gelungenen Film, mit reichlich Dramatik, einem emotionalen Kampf zwischen Gut und Böse und einem Plädoyer für eine würdevolle Ausübung der Heilkunst.
Eine Empfehlung soll hiermit klar ausgesprochen werden...



Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen