Alien (Jerry Goldsmith) - Filmmusik-Betrachtung


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                                                                                      Trailer

                                                                         Ausschnitt des Making of


Alien ist ein Film von Ridley Scott aus dem Jahre 1979 mit Sigourney Weaver in der Hauptrolle. Er stellte den ersten bedeutenden Science Fiction Film dar, in dem eine Frau die Hauptrolle übernahm. Seine Bilder, seine Stimmung, seine Dramaturgie gelten für das Genre Science Fiction bis heute als Vorbild. Besonders der Alien-Entwurf von H.R. Giger ist legendär. Das Original-Kostüm kann man im Deutschen Filmmuseum in Frankfurt beschauen. Für die Musik wollte Scott ursprünglich den japanischen Komponisten Isao Tomita gewinnen, welcher bis dato vor allem durch seine elektronischen Arrangements zu Werken von Mussorgski, Holst und Stravinsky auf sich aufmerksam gemacht hatte. Allerdings war den Produzenten wohl sehr daran gelegen, einem eher renommierten Filmkomponisten die Aufgabe zu übertragen. Die Wahl fiel in letzter Instanz auf Jerry Goldsmith (Link: Höre Musik von Jerry Goldsmith bei Amazon).


Goldsmith vs Scott


Zuerst zum Hauptthema (Link: Hörbeispiel). Goldsmith hatte ursprünglich sehr andere Vorstellungen von der Musik für diesen Film, als die Produzenten oder Scott es annahmen. Er komponierte eine Melodie, die ihm wahnsinnig gut gefiel, aber niemand wollte sie hören. Er schrieb ein Stück für eine spezifische Szene, aber man wollte dann doch lieber Musik aus einem früheren Werk von ihm nutzen, weil man diese für passender hielt. Er war sicher mit der Haltung seiner Vorgesetzten nicht sehr glücklich, musste aber natürlich die Kritik akzeptieren. Im besten Fall hat ein Regisseur ein gutes Verständnis von Musik und kann seine Vorstellungen klar formulieren. Der junge Scott war sich, wenn man Goldsmiths Aussagen Glauben schenken darf, wohl noch nicht ganz klar darüber, was man von einem Soundtrack erwarten kann und was nicht. Am Ende erschuf der Komponist ein Hauptthema, welches ihn nicht sonderlich zufriedenstellte. Allerdings hat es die Zeit überdauert und Filmmusikenthusiasten drücken bis heute ihre Wertschätzung für das Werk aus.


Ein Hauptthema mit viel Reibung


Melodie wie auch Harmonik dieses Stückes sind sehr komplex gestaltet. Erst einmal fällt auf, dass es in Dur komponiert ist, genauer im Dur-Septakkord, was man nicht unbedingt erwartet in einem Horrorfilm. Nimmt man den Track "The landing" von dem Ursprungsalbum und dort den Beginn des Themas ab 0:25, dann fallen folgende Dinge auf: Zuerst hört man C-Dur, allerdings mit den Melodietönen B, E, A, As, G. Es finden sich also verschiedene dissonante kleine Sekundenintervalle innerhalb der Melodie und in Bezug zum C-Dur-Dreiklang. Einzig E und G passen in dessen Reinform. Es folgt dann ein Wechsel zum Fis-Dur-Septakkord. Hier spielt die Melodie die Töne Ais und E. Interessant ist noch, dass der Wechsel von C zu Fis in der Intervalllehre als Tritonus, also Teufelsintervall, bezeichnet wird, da der Klang sehr disharmonisch daherkommt. Dies ist ein Wechsel, den man in Suspense-Filmen öfter findet. Als Letztes folgt dann der Wechsel zu einem relativ reinen D-Dur.


Von einsamen Trompeten und verlorenen Flöten


Betrachtet man den Film in seiner Gesamtheit, so fällt auf, dass das Hauptthema keine musikalische Beschreibung des Alien ist. Es steht eher für den unheimlichen, weiten Weltraum, als die Figur an sich. Auch die Instrumentation mit der einsamen Solo-Trompete lässt darauf schließen. Dazu passt auch der Slogan aus dem Trailer: "In Space no one can hear you scream." Eine weitere interessante Instrumentation ist die Nutzung der "Echo-Flöten" über einem dunklen Bass. Goldsmith lässt dieses Element einfließen, als die drei Astronauten das fremde Raumschiff sichten. Zwei hohe Flöten-Akkorde werden dabei über einen Echo-Effekt immer wieder gespielt und mit jeder Wiederholung leiser. Auch dieses Vorgehen lässt das Verlorensein in den Vordergrund treten. Eine sehr ähnliche Komposition findet sich in dem Sequel Aliens (Höre Beispiele bei Amazon) mit Musik von James Horner. Und auch dort in einer Situation, wo sich die Darsteller auf einem fremden Terrain bewegen und nicht ganz klar ist, wonach sie suchen. Auch der tiefe Bass ist dort mit von der Partie. Auf dem Aliens - Soundtrack-Album (Deluxe Edition) findet man dies im Track "The complex".


Die verkehrte Oper


Betrachtet man den Soundtrack über den gesamten Film hinweg, so würde ich ihn als relativ unaufgeregt bezeichnen; als eher dezent. Spannung zu untermalen scheint Goldsmith nicht in erster Linie als seine Aufgabe betrachtet zu haben. Stattdessen begleitet die Musik eher die neutralen Szenen. Ausgesprochen eindrucksvoll kommt in diesem Zusammenhang die Szene daher, als nach dem Facehugger gesucht wird, nachdem er sich nicht mehr auf dem Gesicht des befallenen Crewmitglieds befindet. Sie zieht sich über zwei Minuten, in denen man die ganze Zeit erwartet, dass etwas passiert. Man wartet auf irgendein Zeichen. Entweder auf ein Geräusch, vielleicht auch auf irgendein schräg gespieltes Instrument. Aber es kommt nichts. Nicht einmal das Fallen des Alien auf Ripleys Schulter und ihre Panik werden in irgendeiner Form musikalisch untermalt.
Zieht man den Vergleich zu einer klassischen Oper, so muss man von einem konträren Vorgehen sprechen. In der Oper werden entscheidende Situationen und Gefühle in Arien ausgedrückt, also recht umfangreich ausgeschmückt. Soll dagegen die Handlung vorangetrieben werden, werden eher Rezitative, also Sprechgesang, genutzt. Die Musik steht dort also eher im Hintergrund. In diesem Film ist es genau umgekehrt: Findet sich eine emotionale Szene, haben wir, musikalisch gesehen, eher Rezitative. Die Arien dagegen werden genutzt, wenn die Handlung fortschreitet. In guten Suspense-Filmen, die nicht auf Effekthascherei aus sind, findet man dieses Vorgehen regelmäßig. Und seine Wirkung verfehlt es keinesfalls, zumindest wenn, wie in diesem Fall, die Bilder so gut angelegt sind, dass sie allein schon viel Spannung in sich bergen.


Eine wirkliche Film-Musik


Alles in allem kommt der Soundtrack viel angenehmer daher, als der Film es tut. Das Hauptthema ist natürlich mysteriös, aber nicht zwingend bedrohlich in seiner Art. Der Film dagegen ist aufrüttelnd und schockierend. Wenn man jemandem von dem Film erzählen wöllte, böte es sich also nicht unbedingt an, den Soundtrack vorspielen, da er in dieser Hinsicht in die Irre führt. Was diesen Goldsmith-Score so stark macht, ist sein Zusammenspiel mit den Bildern und die gute Balance seines Einsatzes. Er kommt angenehm unaufgeblasen daher, verfehlt aber gerade deshalb seine Wirkung nicht. Ihn separat auf dem Album zu hören, kann ein interessantes Erlebnis sein, aber erst im Zusammenhang mit dem Film entwickelt er diese wahnsinnig intensive Stimmung, die einen wirklich in ihren Bann ziehen kann; wenn man nicht gerade dabei ist, sich vor Spannung Augen und Ohren zuzuhalten...


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Hervorzuheben ist hierbei besonders der Directors Cut des Films, welcher mit 111 Minuten, verbesserter Bild- und Tonqualität und zahlreichen anderen Extras daherkommt. Zu letzteren gehören ein Audiokommentar von Ridley Scott und zwei Soundtrack-Versionen von Jerry Goldsmith. Insgesamt ein gutes Rundumpaket, welchen nicht nur eingefleischten Alien-Fans Freude machen sollte.



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