Apocalypse Now (Carmine Coppola) - Filmmusik-Betrachtung


Trailer


                                                               Gespräch zwischen Coppola und Milius




Apocalypse Now ist ein Film von Francis Ford Coppola aus dem Jahre 1979 mit Martin Sheen in der Hauptrolle. Die Nebenrollen wurden ebenfalls hochkarätig besetzt, u.a. mit Marlon Brando, Robert Duvall, Laurence Fishburne, Harrison Ford und Dennis Hopper. Der Film gilt als einer der Meilensteine in der Geschichte Hollywoods. Er wurde mit Auszeichnungen überhäuft und mannigfaltig interpretiert. Das oben gepostete Gespräch zwischen Regisseur und Drehbuchautor gibt sehr interessante Einblicke in die Entstehung des Films; unter anderem auch, weil es zu verstehen hilft, was mit ihm gemeint sein kann. Film als auch Vorlage beschäftigen sich mit der Frage, woher das Böse kommt. Ähnlich, wie Der schmale Grat (Link: Höre Beispiele bei Amazon) von Terrence Malick es 20 Jahre später auch thematisierte. In Coppolas Werk wird die Aussage getroffen, dass in dem Hauptcharakter zwei Seelen wohnten. Eine, die das Gute, und eine, die das Böse wolle. Malick dagegen vertritt eine eher christliche Auffassung und spricht von der Vergiftung der Seele durch den Krieg. Um den Vergleich noch zu erweitern, könnte man sagen, dass Coppola eine höchst archaische Beschreibung wählt, während Malick die Frage nach Gott in den Mittelpunkt rückt. Während Apocalypse Now eine nahezu ausweglose Situation darstellt, endet Der schmale Grat mit den Worten "All things shining".


Synthesizer und kein Ende in Sicht


Die Musik zu Apocalypse Now stammt, aus heutiger Sicht, wirklich aus einem anderen Jahrhundert. Man kann sich kaum vorstellen, dass man mit so etwas mal einen Golden Globe gewinnen konnte. Die Geschmäcker waren einfach anders und die Mittel begrenzter als heute. Die Synthie-Sounds aus Apocalypse Now können heute eigentlich nur noch gewürdigt werden, wenn man sich klarmacht, dass es damals keinen Magix Music Maker gab; nicht einmal am klarsten Horizont. Es gab auch keine virtuellen Synthesizer. Es gab nur monströse Maschinen, die kaum einer verstand. Hans Zimmer (Link: Höre Musik von Hans Zimmer bei Amazon) berichtete einmal, dass er in seinen Anfangszeiten, in seinem Bestreben, gute synthetische Klänge zu erzeugen, als absoluter Nerd galt. Niemand verstand, was er da eigentlich machte, wenn er an ein paar Reglern drehte und plötzlich aus einem durchgängigen Ton ein Rhythmus wurde. Heute gibt es für alles Presets, welche es sogar einem Kleinkind ermöglichen, halbwegs brauchbare Klänge zu erzeugen. Die Frage ist also: Warum nutze Coppola nicht einfach orchestrale Aufnahmen, um seinen Film zu untermalen? Warum beauftragte er seinen Vater, Carmine Coppola, elektronische Klangcollagen zu entwerfen? Oder anders ausgedrückt: Warum unterstützen einfache Synthie-Klänge diesen Film in derart präziser Art und Weise?


Am Anfang steht der Sonnenuntergang


Der Beginn des Films wird allerdings nicht durch den Original-Soundtrack eingeleitet, sondern durch das Stück "The end" von The Doors. Genau in dem Moment, als der Dschungel in Flammen aufgeht, wird die erste Textzeile gesungen. Schon an dieser Stelle wird ein Ausblick gegeben; oder vielleicht sogar ein Status quo beschrieben, bevor der Film überhaupt begonnen hat: Etwas geht oder ist zu Ende. Und es klingt auch nicht danach, dass es wirklich weitergeht. Es klingt nach etwas Endgültigem, Unwiederrufbarem.
Das erste Mal, dass man Coppolas Musik hört, ist, nachdem Captain Willard (Martin Sheen) die Einzelheiten zu seinem Auftrag erfahren hat. Es setzen seltsam aneinandergereihte Töne ein, begleitet von einem merkwürdigen Surren und leichter Perkussion. Niemand redet mehr ein Wort. Die Kamera schweift ab, weg von den Personen, in Richtung Fenster. Dann ein Schnitt und man sieht einen Hubschrauber über weites Land fliegen. Der musikalische Übergang kommt gewöhnungsbedürftig daher, denn er wird weder eingeleitet, noch findet er wirklich überraschend statt. Die Klänge, die dann zu hören sind, kann man allerdings als großartig bezeichnen. Sie sind extrem schwer zu beschreiben, vor allem, da Sound und Musik an manchen Stellen zu verschmelzen scheinen. Da hört man Hubschraubergeräusche, Synthesizerklänge, vielleicht sogar E-Gitarren. Es ist kaum auseinanderzuhalten. Es ist nur eine ganz kurze Sequenz, aber sie beschreibt den Aufbruch ins Ungewisse hervorragend. Die Stimme von Willard fragt dazu in den Sonnenuntergang hinein, wie viele Menschen er schon getötet habe. Interessant ist dabei, dass zu Beginn der Handlung ein Sonnenuntergang steht, was wohl auch kein Zufall sein wird, da sich Willard ja nun einmal in die Dunkelheit begibt; zumindest seelisch.


Von Walküren und surfenden Colonels


"...Jetzt die psychologische Kriegsführung. Und schön laut. Das ist ein Romeo-Foxtrott der Liebe. Wollen wir tanzen?" Mit diesen Worten des surfwütigen Colonel Kilgore beginnt eine der bekanntesten Szenen des Films: Der Angriff der Hubschrauberstaffel am Morgen. Ein Band wird angeworfen und Wagners Walkürenritt erschallt aus den Lautsprechern. Gewehre werden geladen, der ein oder andere betet und der Colonel wippt begeistert im Takt mit. In dieser Szene sind, für den Film eher untypisch, Musik und Bild recht eng aufeinander abgestimmt. An besonders breiten Passagen wird die gesamte Staffel gezeigt, sonst eher Einzelaufnahmen von Personen oder sonstigen Motiven. Dann ein plötzlicher Cut. Man sieht ein vietnamesisches Haus, aus dem Kinder kommen. Sie singen ein Lied in ihrer Sprache. Kurz darauf hört man aus der Ferne die Hubschrauber und den Walkürenritt. Hier prallen Osten und Westen also auch musikalisch aufeinander. Es ist schwer einzuschätzen, inwiefern es der Wahrheit entspricht, aber wenn man sich verschiedene Antikriegsfilme so ansieht, dann findet sich da oft so eine militärische Führungsperson, die extrem zwiespältig dargestellt wird. Neben Apocalypse Now und Der schmale Grat ist in diesem Zusammenhang sicher noch Full Metal Jacket zu nennen, wo das Ganze auf die Spitze getrieben wird. Aber schon in Coppolas Werk ist die Darstellung eindringlich genug. Colonel Kilgore scheint den Krieg als Spiel zu betrachten. Es ist schwer vorzustellen, dass es solche Menschen geben soll, aber er hat ja nicht einmal Angst um sein eigenes Leben. Neben ihm schlagen Granaten ein und hält es nicht für nötig in Deckung zu gehen. Es fällt schwer zu glauben, dass das der Realität entsprechen soll, aber es gibt in Filmen immer wieder Darstellungen solcher Persönlichkeiten, weshalb man vermuten kann, dass in Ansätzen etwas dran sein muss. Wie auch immer: Der Angriff der Hubschrauberstaffel ist eine One-Man-Show. Und zweifellos eine gelungene, auch wenn sie etwas abschreckend wirken kann.


Ein Schrecken ohne Ende


Wie gesagt, Carmine Coppolas Werk ist vor allem Synthesizer-geprägt. Und man kann dies als sehr schlüssig empfinden, weil es eine seltsame, schwer greifbare Atmosphäre erschafft. Klare Leitmotive sind nicht zu entdecken. Und trotzdem, oder vielleicht gerade deswegen, kann einen dieses Werk sehr faszinieren. Weil es so anders ist, als vieles, was man sonst so in Filmen hört. Ähnliche Züge hat der Soundtrack zu The Killing Fields (Schreiendes Land(Link: Höre Beispiele bei Amazon) von Mike Oldfield. Allerdings enthält dieser zumindest ein oder zwei wiedererkennbare Motive. Unglaublich eindrucksvoll kommt unter Anderem der Track "Voyage" daher. Da ist ein rhythmischer, dunkler Bass und darüber ein geradezu katzenartiges Schreien. Man hört den Track kurz vor und während der Ankunft Willards an seinem Ziel. Als das Schiff durch die Boote der Eingeborenen fährt, ist nur noch der Bass zu vernehmen. Dazu mischt sich mit der Zeit noch ein hoher Sound, der nach Synthesizer klingt, aber auch einfach das Zirpen von Grillen sein könnte. Es erscheint teilweise wirklich unmöglich das auseinanderzuhalten.
Dieser Film ist schrecklich. Ohne Hoffnung. Ohne Zuversicht. Musik und Bild erschaffen etwas Grausames, Finsteres; und in sich absolut Schlüssiges. Anders kann man es kaum sagen. Der Film ist ein absolutes Meisterwerk. Schauspielerische Leistung, Drehbuch, Cinematographie, Musik; es passt einfach alles. Aber man muss mit seinen Aussagen und Schlussfolgerungen nicht zwingend konform gehen. Für viele Menschen, und hier soll der Bogen geschlossen werden, stellt Der schmale Grat wahrscheinlich eine besser annehmbare Situation dar. Man kann vermuten, dass Colonel Kurtz in Apocalypse Now schon von irgendetwas Bösem besessen ist. Seine Handlungen sind an manchen Stellen auch nachzuvollziehen, aber es ist fraglich, ob sie einen real gangbaren Weg darstellen. Es ist unbestritten, dass Menschen solches Grauen erleben können, aber man kann auch davon ausgehen, dass es immer Hoffnung gibt, egal in welcher Situation man sich befindet. Einen Film mit den Worten "Das Grauen" enden zu lassen, erscheint unter dieser Vorraussetzung schwierig...


Special: Clips from the movie


Hier der Angriff der Hubschrauberstaffel zum Walkürenritt von Wagner:


Und hier die Ankunft am Ziel...




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Bezüglich der Filmversion sollte man sich unbedingt für die Redux-DVD oder -Blue Ray entscheiden. Diese ist satte 194 Minuten lang und damit um einiges umfangreicher als die Kino-Version. Eine absolute Empfehlung.




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