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Die fabelhafte Welt der
Amélie ist ein französischer Film von Jean-Pierre Jeunet aus dem
Jahre 2001. Die Hauptrolle der Amélie Poulain, einer verträumten
Außenseiterin inmitten des modernen Paris, übernahm Audrey Tautou,
welche bis heute ihre Bekanntheit in erster Linie dieser Rolle
verdankt. Jeunet, welcher vorher durch Filme wie Delicatessen oder Alien
- Die Wiedergeburt auf sich aufmerksam gemacht hatte, feierte mit Die
fabelhafte Welt der Amélie ebenfalls seinen größten bisherigen
Erfolg als Regisseur. Der Film gewann vier Auszeichnungen beim Europäischen
Filmpreis, vier Césars und war 2002 für fünf Oscars, sowie als
bester fremdsprachiger Film bei den Golden Globes nominiert. Als
großer Skandal wurde, insbesondere in Frankreich selbst, die
Nichtbeachtung des Films für die Festspiele von Cannes gewertet.
Dieser geht wohl in erster Linie auf Gilles Jacob zurück, welcher
damals für die Filmauswahl verantwortlich war, und die Amélie nach
eigenen Angaben als „uninteressant“ abtat. Jeunet entschied sich
daraufhin, vielleicht aus Enttäuschung, vielleicht aus Lust am Provozieren, den Kinostart des Films vorzuverlegen, wodurch dieser
parallel zum Festival lief.
Trotz oder gerade wegen
dieser Nichtbeachtung durch ein wichtiges internationales
Filmfestival, wurde Die fabelhafte Welt der Amélie zu einem, in
erster Linie europäischem, aber auch weltweitem, Phänomen. Die
Mehrzahl der Kritiker überschlug sich mit Lob ob der Kreativität,
mit welcher Jeunet den Film ausstattete. Die Bildsprache, das
Drehbuch, die detailliert gestalteten Sets und auch die Musik eroberten
das europäische Herz im Sturm. Jeunet gilt als langsamer und
gewissenhafter Arbeiter. Hier zahlte sich dies in jedem Fall aus.
Eine dritte Person, für
die der Film eine wichtige Position in ihrer Karriere einnimmt, und
um die es hier in erster Linie gehen soll, ist Yann Pierre Tiersen.
Er komponierte die Musik für Die fabelhafte Welt der Amélie.
Der Alleskönner
Yann Pierre Tiersen,
geboren am 23. Juni 1970 in Brest/Bretagne, gilt als musikalisches
Wunderkind. Mit 6 Jahren begann er Geige und Klavier zu lernen,
zusätzlich brachte er sich das Gitarrenspiel selbst bei. Er spielte
als Jugendlicher in mehreren Bands, bevor er an den Musikhochschulen
in Rennes, Nantes und Boulogne studierte. Im Laufe der Jahre
entwickelte er sich immer mehr zu einem „Ein-Mann-Orchester“. Auf
seinen Alben spielt er in der Regel die meisten Instrumente selbst.
Mit Die fabelhafte Welt der Amélie erlangte er auch über die
Grenzen Frankreichs hinaus große Bekanntheit.
Tiersens Stil wird
vielfach als eine Mischung aus französischer Folk- und gängiger
Popmusik beschrieben. Durch seinen Hang zu modifizierten Repititionen
wird er gern in der Nähe der Minimal Music gerückt. Tatsächlich
überlegte Jeunet, Michael Nyman, einen der führenden
Minimal-Komponisten, für Die fabelhafte Welt der Amélie zu
gewinnen, bevor er auf Musik von Tiersen stieß. Dieser war, im
Gegensatz zu Nyman, bis dahin im Bereich Film nicht wirklich
bewandert, hinterließ aber mit seinen ersten vier Alben großen
Eindruck bei Jeunet. Dieser Eindruck muss so groß gewesen sein, dass
Jeunet Stücke von diesen Alben direkt im Film haben wollte, was nach
einem klassischen Temp-Track-Syndrom klingt. Die Nichtnominierung
für den Filmmusik-Oscar wird teilweise eben darauf zurückgeführt,
dass weite Teile des Soundtracks keine Original-Filmmusik
darstellten.
Nostalgische Klänge
nicht für Jedermann
Christian Clemmensen von Filmtracks.com
schreibt in seinem Review des Albums zu Die fabelhafte Welt der
Amélie folgendes:
„Avoid it... if you
hear accordions in your nightmares, because their intimately dry and
exuberant performances in this score could torture a person not
accustomed to the stereotypical extremes of Parisian romance music.“
Diese Aussage ist
vielleicht nur die halbe Wahrheit, aber sie ist eben doch halb wahr.
Im Grunde genommen finden sich auf dem Album zwei Teile. Einer
besteht aus Solo-Klavier-Stücken. Dieser sollte für nahezu
jedermann ein tolles Hörerlebnis darstellen. Da nun die meisten
Menschen heutzutage wissen, wie man eine Playlist erstellt, kann man
gezielt nur diese Stücke auswählen und sich anschließend durchs
Leben träumen, wie die Amélie es tat. Gehört man allerdings zu den
Menschen, die gerade einmal das Einlegen einer CD in einen Spieler,
und das darauffolgende Drücken der Spiel-Taste beherrschen, so
erlebt man etwas, was man am ehesten als akustische Achterbahnfahrt
bezeichnen kann. Denn dann hört man es: Das Akkordeon- und zwar in
allen Variationen. Mal schnell, mal langsam; mal laut, mal leise; mal
mehr, mal weniger aufdringlich – aber man kann ihm nicht entkommen.
Zumindest nicht dauerhaft. Die Klavierstücke zwischendurch erzeugen
nur einen trügerischen Frieden. Vom Grunde her ist es wie bei James
Horner und seinen Dudelsäcken: Man weiß nie, wann sie einen wieder
ereilen.
Nein, im Ernst: Auch die
Akkordeonstücke haben ihren Reiz. Man sollte wohl das Instrument
und im besten Falle noch Paris mögen. Was das Akkordeon in Die
fabelhafte Welt der Amélie tatsächlich noch schwieriger hörbar
macht, ist, wie Clemmensen schon schreibt, die Trockenheit seiner Aufnahmen.
Auch hier gibt es Parallelen zu Michael Nyman, wenn man
beispielsweise seinen Score zu Das Piano anhört. Auch dort hat man
viele Solo-Klavier-Stücke, aber auch sehr viele, vor allem
Streicheraufnahmen, die extrem trocken klingen. Besonders die
klanglichen Parallelen zwischen Das Piano und Die fabelhafte Welt der
Amélie legen nahe, dass Jeunet mit Nyman nicht unbedingt eine
schlechtere Wahl getroffen hätte, auch wenn man natürlich infrage
stellen muss, ob Nyman tatsächlich das Paris-Feeling so gut
hervorgebracht hätte, wie Tiersen es, schon aufgrund seiner
Herkunft, erzeugen konnte. Und dies ist auch der Punkt, der das Akkordeon in der Amélie rechtfertigt, wie auch gleichermaßen die Dudelsäcke in Braveheart (bei Titanic kann man sich streiten): die (berechtigte) Assoziation des jeweiligen Instruments mit dem Ort der Filmhandlung.
Das Vermächtnis der
Amélie
In Die fabelhafte Welt
der Amélie spielte Tiersen, wie für die meisten seiner
Kompositionen, fast alle Instrumente selbst: Klavier, Banjo,
Mandoline, Gitarre, Cembalo, Vibraphon, Akkordeon, Melodika und
einige andere. Der Film machte ihn, zumindest in Europa, sehr
bekannt. Seine Klänge kann man schon fast als „Tiersen-Stil“
bezeichnen. Wer zusätzlich den Film Good Bye Lenin gesehen hat,
könnte unter Umständen dort stetig das Gefühl gehabt haben, dass
jetzt gleich eine Amélie ins Bild springen müsste. In der Tat
komponierte Tiersen auch hier die Musik und nahm einige Stücke
direkt aus der Amélie mit ins Berlin der fallenden Mauer.
Insbesondere Tiersens Klaviermusik ist traurig und lebensbejahend,
melancholisch und optimistisch, bodenständig und verspielt zugleich.
Es ist ein Klang, der Menschen, offensichtlich insbesondere in Europa, verzückt und berührt. Es ist ein
Klang, der die Freude in der Traurigkeit findet. Es ist ein Klang,
der zum Träumen einlädt. Und es ist kein Zufall, dass mit sehr
ähnlichen Klängen, ein Jahrzehnt später, Ludovico Einaudi durch
seinen Score zu Ziemlich beste Freunde einen ähnlichen
internationalen Durchbruch schaffte, wie Tiersen es gelang. Vom
Grunde her sind es Nyman mit Das Piano, Tiersen mit Amélie und
Einaudi mit Ziemlich beste Freunde, die stellvertretend für diesen
Stil von Nicht-Hollywood-Filmmusik stehen, welcher das Herz vieler
Europäer erfüllt. Zusätzlich wurden alle drei Filme zumindest teilweise in Frankreich produziert. Für Amerika sind diese Soundtracks
vielleicht nicht groß genug. Aber wir hier auf dieser Seite der Erde
legen ja viel Wert auf die kleinen Dinge im Leben. Wir mögen
kleine, aber feine Geschichten. Wir mögen kleine, aber feine
Filmmusik. Wir mögen Außenseiter. Und deshalb mögen wir Amélie. Vielleicht auch, weil
wir in Anbetracht der Übermacht Hollywoods glauben müssen, dass
weniger mehr ist. Bleibt mir nur noch zum Abschluss zu erwähnen, dass ich die Amélie bis heute gerne mag, was auch immer das nun über mich aussagen mag...
Special: Clip from the movie
Hier ein Clip vom Anfang des Films. Er enthält das Stück "Comptine d'Un Autre Été" des Albums, welches wohl eines der bekanntesten des gesamten Soundtracks sein dürfte.
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Die fabelhafte Welt der Amélie ist inzwischen in verschiedensten Versionen zu erwerben. Da gibt es einfache Editionen, Sammlereditionen, Sammlereditionen mit T-Shirt und sonst noch was. Wenn man Kritiken zu ihr ließt, dürfte sich sogar die Anschaffung der Blue-Ray lohnen, da die Adaption vom Originalfilm auf 1080p ziemlich gut gelungen sein muss. Wie auch immer: Es sollte für jeden etwas dabei sein. Viel Spaß beim Stöbern.
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